Kaiserslautern und Hansa Rostock: 1991 spielten die Drittligisten noch im Europapokal der Landesmeister

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Fritz-walter-stadion Stimmung Fans

Abseits des Glamour der Champions League und der finanzstarken Vereine in Europa halten Millionen Fußballfans in Deutschland treu zu Vereinen, die mehr oder weniger erfolglos in unteren Ligen verschwunden sind. Was bleibt uns da anderes übrig, als einen Blick auf die glorreiche Vergangenheit dieser Vereine zu werfen. Wir möchten eine Geschichte rund um zwei Vereine erzählen, die an diesem Wochenende in der 3. Liga aufeinandertreffen: An diesem sonnigen Osterwochenende stehen sich nämlich zwei Vereine gegenüber, welche sich als die letzten deutschen Vertreter des altehrwürdigen Europapokals der Landesmeister bezeichnen dürfen.

37 Jahre Cup der Landesmeister

In der Saison 1991/92 wurde letztmalig der Europapokal der Landesmeister in seinem damals bekannten Modus ausgetragen. Der Nachfolgewettbewerb des Messepokals wurde ab 1955 zwischen den jeweiligen Landesmeistern ausgespielt. In seiner 37-jährigen Geschichte gab es auch einige Ausnahmefälle in denen zwei Teilnehmer aus einem Land antreten durften, so zum Beispiel 1955/56 als sich der 1. FC Saarbrücken als Saarlandmeister neben dem Deutschen Meister Rot-Weiss Essen für den Cup qualifizierte. Zwei Jahrzehnte später gab es in den Spielzeiten 1975/76 und 1976/77 die kuriose Situation, dass sich Mönchengladbach als Landesmeister für den Cup qualifizierte, in beiden Saisons aber auch Bayern München als Titelverteidiger am Europapokal der Landesmeister teilnahm. Zu guter Letzt trat die Situation mit zwei deutschen Vertretern auch Anfang der 90er Jahre kurz nach der Wiedervereinigung Deutschlands auf.

Die erste vollständig im wiedervereinigten Deutschland ausgetragene Spielzeit war die Saison 1991/1992. Erst ab diesem Zeitpunkt waren die Ost- und die Westliga vereint. Der letzte Meister der DDR-Oberliga hieß überraschend Hansa Rostock. Qualifiziert für den Europapokal der Landesmeister waren somit zwei Teams aus Deutschland: Der 1. FC Kaiserslautern als Sieger der Bundesliga und Hansa Rostock als der letzte Meister aus der DDR Oberliga. Der 1. FC Kaiserslautern, in der Ära Fritz Walter so etwas wie ein deutsches Real Madrid, hatte schwere Zeiten hinter sich und erlebte unter Trainer Kalli Feldkamp nun ein triumphales Comeback. Der Betzenberg brannte wieder!

Losfee zieht die zweite spanische Großmacht: “Barca”

Im Cup der Landesmeister meinte es das Schicksal nicht besonders gut mit Hansa. Gleich in Runde 1 bekamen die Norddeutschen den FC Barcelona zugelost. “Barca” hatte auf nationaler und internationaler Bühne lange Jahre im Schatten der „Königlichen“ aus Madrid gestanden. In den siebziger und achtziger Jahren beutelten Krisen, Intrigen und Skandale den Klub, so dass sogar die Gefahr bestand den Platz hinter Real zu verlieren. Und dann kam Johann Cruyff zurück. Der Holländer, der Barcelona als Spieler in der Saison 1973/74 zur Meisterschaft und in den Europapokal der Landesmeister geführt hatte. Als Trainer formte Cruyff in kürzester Zeit ein „Dreamteam“, das in der Saison 90/91 in das Finale des Europapokals der Pokalsieger einzog, dort allerdings Manchester United mit 2:1 unterlag. Aber Barcelona war wieder ganz oben und attackierte jetzt im Cup der Landesmeister – zunächst gegen Rostock.

Hansa-Sieg gegen Barca reicht nicht – Drama auf dem „Betze“

Der Modus sah damals zwei Qualifikationsrunden für eine dann äußerst lukrative Gruppenphase vor. Die Verweildauer des letzten Meisters Ost im Cup der Landesmeister war nur von kurzer Dauer. Hansa gewann sein Heimspiel nach hartem Kampf sensationell mit 1:0 gegen das Team von Pep Guardiola. Vor 8.500 Zuschauern versenkte Michael Spiel einen Flugkopfball für den letzten DDR-Meister. Im Tor stand damals Andoni Zubizarreta. Im Rückspiel verlor Hansa als krasser Außenseiter im Stadion Camp Nou mit 0:3.

Und wie es der Zufall wollte: Auch die zweite Runde im Cup der Landesmeister brachte ein deutsch-katalanischen Duell hervor. Der 1. FC Kaiserslautern musste zuerst auswärts antreten – verlor chancenlos mit 2:0. Aber dann kam der 6. November 1991 und mit ihm eines jener Dramen, für die der Betze in den guten alten Zeiten berühmt war.

Im Stadion herrschte eine Stimmung, für die die Bezeichnung „Hexenkessel“ eine krasse Untertreibung war. Die Lauterer, angepeitscht vom fanatischen Publikum, überrannten Barcelona und führten nach 76 Minuten 3:0. Aber einfach aufgeben war nicht das Ding des Dreamteams um den holländischen Superstar Ronald Koeman. Barca blieb im Spiel und in der 90. Minute zirkelte Koeman einen Freistoß in Richtung Lauterer Strafraum, den Brakero irgendwie mit dem Kopf erwischte und im Netz versenkte. Aufgrund der Auswärtstorregel waren die „Roten Teufel“ draußen. An diesem Tag war der Fußballgott kein Pfälzer. Dennoch wollten die Fans das Stadion nicht räumen und feierten ihre Mannschaft noch lange nach dem Abpfiff. Eine „Niederlage“, die ein Triumph war, und auch noch knapp 28 Jahre später als Glanzstunde der Pfälzer vergöttert wird . Ach ja, Barca wurde übrigens Europacupsieger gegen Sampdoria Genua und beendete so das vielleicht glanzvollste Kapitel des europäischen Vereinsfußballs: den Europapokal der Landesmeister. Und Barca blieb bis heute ganz oben, während der große 1. FC Kaiserslautern in der dritten Liga um seine Existenz kämpft und von den großen alten Zeiten träumt, als der Berg noch brannte.

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