Ajax Amsterdam gegen Schalke 04 – von Heineken und Heimsupport

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Ajax Logo

Europa-League-Viertelfinale, Holland gegen Deutschland, Ajax gegen Schalke. Nach dem deutschen Achtelfinal-Duell zwischen den Fohlen und den Knappen bahnte sich die nächste Top-Begegnung mit königsblauem Teilnehmer an. Kurz nach der Auslosung war die Reise bereits in trockenen Tüchern: Die Karten für den Flixbus und das Hotel waren schnell gebucht, auch die Bestellung des Spiel-Tickets ging fix.

Mit dem Flixbus nach Amsterdam

Am 13. April war es dann soweit, müde, aber erwartungsvoll begab ich mich morgens zum ZOB im Westen Berlins. Von dort aus ging die Reise per Flixbus nach Amsterdam, acht Stunden Fahrzeit waren für den Trip eingeplant. Ganz schön lange Fahrt, aber mit WLAN im Bus lässt sich sowas ja gut überstehen. Denkste. Die (nicht existente) Internet-Verbindung machte uns Passagieren einen Strich durch die Rechnung, so vertrieb man sich die Zeit eben mit Konversationen und Nickerchen. Komischerweise waren im Bus keine offenkundigen Schalke-Fans auszumachen, der Großteil meiner Mitreisenden schien einen ganz gewöhnlichen Touri-Trip nach Amsterdam zu machen.

Um circa 18 Uhr kamen wir dann in Amsterdam an, mein Hostel lag am anderen Ende der Stadt in Stadionnähe. Also schnell zum Kundenservice und ein (mit 21 Euro unverschämt teures) Bahnticket für zwei Tage kaufen. Vom Bahnhof Sloterdijk aus ging die 26-minütige Fahrt dann nach Bullewijk, wo sich das A&O-Hostel befand. Übrigens ein guter Tipp für alle Fußballfans, die an einer Reise zur Amsterdam ArenA interessiert sind: Von Bullewijk aus ist es nur eine Bahnstation bis zur Heimstätte von Ajax, das Hotel ist eine gute Anlaufstelle für Auswärtsfans. Der Check-In musste schnell gehen, schließlich waren es nur noch zwei Stunden bis zum Anpfiff.

Amsterdam Stadt

Interkulturelle Zusammenkünfte beim Einchecken

Beim Warten auf den Zimmer-Schlüssel kam ich mit einer Gruppe von Engländern ins Gespräch, die recht unpassend in Liverpool-Trikots gekleidet waren. Die Frage, ob sie sich im Spiel geirrt hätten, wurde mit Gelächter und einer schönen Geschichte quittiert: Die Jungs erzählten mir, dass es bei ihnen schon seit einigen Jahren Tradition sei, gemeinsam zu einem europäischen K.O.-Spiel auf dem Festland zu reisen. Da Manchester United der einzig verbliebene englische Vertreter in der Europa League ist, fällt der Besuch einer Partie mit Premier-League-Beteiligung als hartgesottener Reds-Fan natürlich flach. Weil die sechsköpfige Gruppe schon im Vicente Calderon war, sei auch Atlético gegen Leicester kein Thema gewesen. So fiel die Wahl auf Ajax gegen Schalke, Amsterdam ist schließlich immer eine Besichtigung wert.

Unkonventionelle Spielvorbereitung an der Amsterdam ArenA

Amsterdam ArenANoch knapp 90 Minuten bis zum Anpfiff, jetzt hieß es, möglichst viel von der Stimmung vor der Partie mitzunehmen. Also flugs vom Hostel in die Bahn und ab zum Stadion. An der Amsterdam ArenA angekommen bekam ich noch immer keine Schalke-Fans zu Gesicht, der Großteil hatte sich am Dam-Platz in der Innenstadt versammelt und marschierte gemeinsam zum Stadion. Dafür machte ich geruchliche Erfahrungen, die mir so vor einem Fußballspiel noch nicht unter die Nase gekommen waren: Ein dezenter Cannabis- und Biergeruch waberte um die Arena herum, in vielen Grüppchen gingen Heineken und Joints Hand in Hand. Anhänger der Königsblauen waren zwar nach wie vor rares Gut, dafür machten die Ajax-Fans aber Stimmung für zwei Fanlager.

Unterwegs mit den Amsterdamer Stimmungskanonen

Auf einem zentralen Platz vor dem Westeingang hatten sich Dutzende Anhänger eingefunden, um gemeinsam Fangesänge zum Besten zu geben. Die tolle Atmosphäre zog wahre Menschenmassen an, sodass es in diesem Abschnitt erst einmal kaum ein Durchkommen gab. Aber auch kein Problem, bei der ausgelassenen Meute machte schon das Zusehen Spaß. Ich kam mit einigen Ajax-Fans ins Gespräch, die mit mir über die Chancen aufs Weiterkommen der beiden Teams diskutierten. Nach einigem Hin und Her einigten wir uns auf ein 50:50-Spiel und segneten das Ganze mit einer Flasche Heineken ab. Fun Fact am Rande: Die Bierdosen hatten teilweise nur ein Volumen von 0.15 Liter, getrunken wurde fast nur Heineken. Während manche Fans direkt mit ganzen Kästen um die Ecke kamen, ließen es andere Ajax-Supporter deutlich ruhiger angehen und genehmigten sich nur ein kleines Döschen. Spaß hatten natürlich trotzdem alle, eine halbe Stunde vor Spielbeginn bewegte sich der gesamte Pulk dann in Richtung der Eingangstore.

Auf dem Weg zu den Toren verstreute sich die Masse, Ultras und alteingesessenen Fans zogen in Richtung Südtribüne, während ich mich mit einem Großteil der Ajax-Supporter zur Westtribüne begab. Am Eingang angekommen war ich vor allem um meine Kamera besorgt, die schon bei einem Kollegen in Madrid konfisziert wurde. Glücklicherweise war die Security aber mehr an meiner Wasserflasche interessiert, ein Hoch auf die Getränke-Preise in Stadien! Nachdem ich das riesige Ajax-Logo gebührend bewunderte, nahm ich meinen Platz auf der Tribüne ein und ließ den Blick durch das Stadion schweifen.

Europäische Atmosphäre im K.O.-Spiel

Euro League Hymne

Die Schalke-Fans waren in zwei Blöcken im Nord-Osten der Amsterdam ArenA eingepfercht, wurden schon beim Betreten des Stadions von den Ajax-Supportern abgeschottet. Teilweise kam es deshalb auch zu Wartezeiten von bis zu 45 Minuten vor der Arena. Aber letztendlich fanden sich dann alle Fußballbegeisterten auf ihren Sitzen ein. Die allgemeine Atmosphäre war super, mit Lichtshows wurde die Menge auf die Partie eingestimmt. Als dann die Spieler einliefen und die Hymne der Europa League ertönte, lag eine Brise von europäischem Top-Spiel in der Luft. Letzte Absprachen auf dem Platz, Festzurren der Schnürsenkel und dann: Kick-Off!

Holländische Hochform

Ajax dominierte beinahe über die kompletten 90 Minuten, ließ den Königsblauen kaum Luft zum Atmen. Ein großer Faktor war dabei sicherlich die unermüdliche Unterstützung der 50.000 Ajax-Fans, die ihr Team zum Sieg brüllten. Pausenlos stimmte die Südkurve neue Gesänge und Choreografien an, die Welle der Unterstützung wollte einfach nicht verebben. Angetrieben von ihren Anhängern fuhren die Niederländer einen grandiosen Sieg ein, der ohne die Heldentaten von Ralf Fährmann bedeutend höher ausgefallen wäre. Der Keeper kratzte zahllose Bälle von der Linie, auch das Aluminium half mit. So standen am Ende nur zwei Gegentore auf dem Papier.

Ajax Tribüne

Für die mitgereisten Schalker gab es an diesem Abend nicht viel zu feiern. Die wenigen Chancen der Gelsenkirchener waren schnell verebbt und bei solch einem Dauerbeschuss des Gegners macht das Jubeln verständlicherweise keinen Spaß. Die gelegentlichen Gesänge wurden schnell von der Übermacht der Amsterdam-Anhänger niedergewalzt, sodass es in den Blöcken 416 und 417 zeitweise mucksmäuschenstill war. Nach der Partie wurde lautstark Kritik am Trainer geäußert, die Anhänger der Knappen zogen nach Spielende enttäuscht von dannen.

Nachbereitung und Rückreise

Die Ajax-Fans ließen den Abend in den umliegenden Bars ausklingen und feierten den Sieg, den Knappen war dagegen so gar nicht nach Party zumute. Gemeinsam mit einem halben Dutzend Schalkern trat ich dann eine Stunde nach dem Schlusspfiff den Rückweg ins Hostel an. In der Lobby gab es rege Diskussionen über das Spiel, von einer unverdienten Niederlage sprach aber nicht einmal der größte S04-Sympathisant. Gegen drei Uhr morgens gingen dann die letzten Fans auf ihr Zimmer. Grund war wohl die Schließung der Bar.

Am nächsten Morgen ging es dann zurück nach Berlin, das Internet im Flixbus spielte abermals nicht mit. Dann blieb eben mehr Zeit, um die Reise noch einmal zu reflektieren. Alles in allem war es ein sehr schöner Trip in die niederländische Hauptstadt, nur die deutsche Fußballkunst kam leider zu kurz. Dafür sorgten die Ajax-Fans für eine unfassbare Stimmung, hätten in dieser Verfassung nahezu jede Fan-Gruppierung an die Wand gegrölt. Das Erlebnis Amsterdam ArenA ist zweifellos jedem Fußball-Fan zu empfehlen, super Fan-Kultur, schöne Stadt und ein toller Kick. Käme jetzt noch eine gute Performance der Bundesligisten hinzu, stünde das Event auf Seite Eins in jedem deutschen Reiseführer.

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